Aus dem Tagebuch eines Mannschaftsführers…
Der Ball rollt wieder … nein, nicht ganz. Die Bauern werden wieder nach vorne gezogen, die neue Schachsaison hat begonnen. Leider hörte Friedmar am Ende der letzten Saison auf, dafür haben wir mit Frank Gerstmann ein neues Gesicht in unseren Reihen dazu bekommen. Doch drehen wir wieder die Uhr um ein paar Tage zurück.
Da es scheinbar neben Schach spielen noch andere Freizeitbeschäftigungen gibt, hatten Dennis und Yannick eine „erlaubte Abwesenheit“ erhalten. Dazu hatte der Kapitalismus auch noch voll zugeschlagen. So musste Stephan doch tatsächlich am heiligen Sonntag arbeiten. Pfui Spinne. Daher musste ich schon am ersten Spieltag drei Spieler aus der zweiten Mannschaft rekrutieren. Meine Wahl fiel auf Gerd, Felix und Igor. Felix wollte Olli nur sehr ungern abgeben, war er doch ein begnadeter Kaffeekocher. Wer sollte nun den Kaffee am Sonntag im Regenbogen machen? Doch auf Einzelschicksale konnte ich keine Rücksicht nehmen. Wenn man schon eine starke Ersatzbank mit drei 2000er hat, dann muss man sie auch nutzen. 🙂
So holte ich Igor morgens ab und fuhr zum Treffpunkt. Mir war schon klar, dass meine Mitstreiter nicht pünktlich kommen würden. Doch halt, Frank war schon da gewesen. Man merkte sofort, er war neu in der Mannschaft. Langsam trudelten meine restlichen Mitstreiter ein. Wunderbar, wir waren vollständig. Die Reise nach Berenbostel war kurz. Einmal die A2 genommen und schon waren wir da. Nach einer kurzen Begrüßung konnte der Wettkampf pünktlich beginnen.
Die Aufstellung lautete:
SV Berenbostel – Hamelner SV
1. Kalkofen, Siegfried (2026) – FM Bode, Wilfried (2335)
2. Sill, Thomas (2107) – Renner, Kai (2140)
3. FM Kopmann, René (2161) – FM David, Adrian (2189)
4. Schlingensiepen, Christian (2217) – van Son, Lutz (2076)
5. Szenetra, Werner (2095) – Gerstmann, Frank (2069)
6. Dr. Müller-Dehn, Christian (2064) – Belov, Igor (2013)
7. WIM Mai, Iris (2028) – Kaiser, Gerhard (2001)
8. Dittmann, Marco (2014) – Jacobi, Felix-Hagen (2019)
DWZ-Schnitt 2098 – 2105
Leider traten die Gäste nur mit sieben Spieler an – die restlichen Paarungen waren fast alle ausgeglichen. Wir waren leichter Favorit. Doch wie sage ich immer: „Die DWZ-Zahlen spielen kein Schach.“
Taktisch klug ließen die Gegner Brett 1 frei. Kostet 30€ und wir bekamen einen kampflosen Punkt. Wilfried war trotzdem nicht unglücklich, war er doch schachlich ziemlich ausgelaugt. Das ist die üblichen Doppelbelastung, die wir auch schon beim Fussball kennen. Pokalwettkämpfe, Herrenwettkämpfe usw. Da tut mal so eine Pause auch ganz gut.
1,0:0,0
Ähnlich wie Willi hatte ich auch schon vor 14 Tagen im Pokal mitgewirkt. Daher verspürte ich auch nicht unbedingt den totalen Siegeswillen. Schnell entwickelte ich alle Figuren stellte mich massiv hin und bot mal eine strategische Punkteteilung an. Vielleicht lag es an der halben Stunde Mehrbedenkzeit, mein Gegner wollte kein Risiko eingehen und nahm an. Gut, ein Schwarzremis gegen den nominell stärksten Gegner, das sah doch schon mal gut aus.
1,5:0,5
Adrian hatte sein Werder Bremen Trikot gegen sein St.Pauli Trikot ausgetauscht. Mit neuen Schwung wollte Adrian in die neue Saison starten. Die Partie plätscherte doch mehr dahin. Ein wenig wurde die gegnerische Dame über das Feld gejagt bis sich beide Spieler auf Remis einigten. Na ja, ein paar Züge mehr hätte er schon spielen können, standen doch seine weißen Figuren eigentlich ein wenig besser.
2,0:1,0
Nach 2 Stunden sah es schon mal ganz gut aus. Kai und Frank standen recht ordentlich. Igor mit der üblichen Kuddel-Muddelstellung. Bei Felix und Gerd war noch nichts entscheidendes passiert. Doch schon jetzt orakelte Wilfried, dass die Partie von Gerd die Entscheidung bringen sollte.
Eine typische Igor Stellung entstand nach der Eröffnungsphase. Es ging wieder drunter und drüber. Doch dann verkeilten sich fast sämtliche Bauern. Nur über die offene h-Linie war etwas möglich gewesen. Die Schwerfiguren tauschten sich und restlichen Figuren wurden hin und her geschoben, bis man sich auf ein Unentschieden reinigte.
2,5:1,5
Sein Debüt in der ersten Mannschaft hätte nicht besser laufen können. Frank nutze eine kleine Eröffnungsungenauigkeit seines Gegenübers, um gleich Druck auf den schwachen a-Bauern aufzubauen. Dann wurde auch noch das Zentrum geöffnet und ein wahren Angriffshurrikan begann. Mit Bauern- und Figurenopfer wurde dem König nachgestellt. Zum Schluss konnte sein Gegner sich zwischen Matt und Damenverlust nebst baldigen Matt entscheiden. Eine tolle Angriffspartie bei der auch Fritz fast nichts zu merken hatte.
3,5:1,5
Das war wichtig. Was sollte nun denn noch passieren, dass wir nicht die ersten beiden Mannschaftspunkte einfahren sollten? Kai hatte zwar seinen Vorteil verspielt, doch die Stellung war im dynamischen Ausgleich. Felix hatte zwar einige Löcher am Königsflügel, dafür stand er am Damenflügel recht brauchbar. Und Gerd hatte ein leicht besseres Endspiel auf dem Brett gehabt.
Was soll man zu Felix’s Partie sagen? Bis zum Mittelspiel sah alles brauchbar aus. Dann wurde das Zentrum geöffnet und man merkte, dass der eine Turm von Felix nicht so gut stand. Dann kommen wir zum Musterbeispiel eines „vergifteten Bauern“. Der Bauer lächelte den Hamelner an. Wie in eine süße Frucht biss Felix auch gleich herein. Man oh man. Was danach passierte glich einer Bestrafung. Sein König wurde über das halbe Spielfeld gejagt, bis Felix das Matt nicht mehr verhindern konnte. Da empfehle ich mal ein Seminar über „Selbstbeherrschung wenn ich einen ungedeckten Bauern sehen“. 😉
3,5:2,5
Kai war sehr gut aus der Eröffnung rausgekommen, hatte Raum und Ideen für seinen Angriff am Damenflügel. Mehr noch, Kai hatte 30 Minuten mehr Bedenkzeit als sein Gegenüber. Dafür musste ich ihn loben, doch es kam wie es kommen musste. Die Stellung wurde von Zug um Zug schlechter, seine Bedenkzeit schmolz dahin. Warum Kai immer wieder in diese blöden Zeitnotschlachten geht, ist mir ein Rätsel. 5 Minuten für 15 Züge kann nicht gut gehen. Und so verlor Kai auch diese Partie, weil er in der entscheidenden Phase zu wenig Bedenkzeit hatte. Das war unnötig.
3,5:3,5.
Nun lag die ganze Verantwortung auf den schmalen Schultern unseres Seniors. Allerdings war Gerhard mit einer Bombenform aus der Deutschen Seniorenmeisterschaft angetreten. Der Rattenfänger bekam ein gutes Endspiel mit D+L vs. D+S. Hier zeigte sich seine ganze Klasse und Gerd zelebrierte das Endspiel. Erst gewann er einen Bauern und dann konnte das Damenendspiel recht locker gewonnen werden. Bravo. Sauber gespielt.
4,5:3,5
Nun ja, jetzt wissen wir, dass Wilfried nicht nur gut Schachspielen, sondern auch als Schachorakel dienen kann. Es freut mich sehr, dass wir diesmal einen guten Saisonstart hingelegt haben – anders als in den letzten Jahren. Im nächsten Wettkampf kommen die völlig ausgeruhten Spieler hoffentlich wieder zum Einsatz. Das ist auch nötig, da wir gegen Wolfenbütttel die nächste harte Nuss zu knacken haben.
Das hört sich ja schon einmal sehr gut an. Du hast mich jetzt ganz neugierig auf die Partie von Frank gemacht. Vielleicht kann man ja hier einmal ein paar Auszüge der Partie zur Diskussion und als Anschauungsmaterial veröffentlichen.
Olli hättest Du übrigens auch als Ersatzspieler haben können, denn Kaffee haben Sven und ich gekocht … ;-).
Super gespielt Jungs, schön dass die Erste und Zweite trotz personeller Schwächen die Punkte eingeholt haben. Seht mal zu, dass ihr dies Jahr aufsteigt, bevor ihr es mit der zweiten Mannschaft zu tun bekommt. 😉
Grüße
David
Gratulation, hat ja dieses Wochenende offensichtlich alles gepasst.
@Frank: schöner Einstieg :o)
@Andreas: ist auch gut, so dass ich nicht den Kaffee gekocht habe, dass überlasse ich lieber Profis :o)
„DWZ-Schnitt 2098 – 2105“
In der Statistik aus nsv-online nimmt Berenbostel quasi den letzten Platz ein. Der Grund dafür ist ein Spieler ohne DWZ.Dass Berenbostel real in ähnlichen Sphären wie „Die beste Mannschaft der Liga“ spielt, ist nun aber klar.
Da habt Ihr einen direkten Konkurrenten weggepunsht!